Workshop Islandwolle

Am Montag, 1. Mai durfte ich an einem vom Fachverband für Handspinnen und Garndesign durchgeführtem Workshop zur Verarbeitung von Islandwolle teilnehmen. Gehalten wurde der Workshop von Caroline Kerstin Mende (Karolina). Karolina hat das Islandwollprojekt ins Leben gerufen und widmet sich damit der Aufwertung der farbigen Islandschafe. Ursprünglich aus Deutschland, lebt Karolina in Nordisland auf ihrem Hof mit Pferden und Schafen. Für das Islandwollprojekt kauft sie ausgesuchte Wollvliese auf und transportiert sie nach Deutschland. (Mehr Infos auf ihrer Seite).

Der Workshop startete mit einem Bericht über ein Jahr mit Schafen. Islandschafe sind eine alte, kurzschwänzige Rasse und auf Island gibt es ausschliesslich Islandschafe (im Gegensatz zu Shetland, wie ich vor einem Jahr leicht enttäuscht feststellen musste). Das liegt natürlich einerseits daran, dass Island eine Insel ist, aber auch, dass seit vielen Jahren (1882) die Einfuhr von Schafen strikt verboten ist. Wie wir gelernt haben, gibt es dadurch auch viel weniger Problemen mit Krankheiten. Da es einige Schafhalterinnen unter den Kursteilnehmerinnen gab, wurden interessante Diskussionen rund Krankheiten, Probleme und Klauenpflege geführt.

Super interessant war auch die Information, dass es unter den Islandschafen sogenannte Anführerschafe (forystufé) gibt. Die unterscheiden sich von den “normalen” Schafen im Körperbau und v. a. im Wesen und sind ausserordentlich intelligent. Sie können wie Hütehunde auf Anweisungen von Menschen reagieren, sind wetterfühlig, extrem orientierungssicher (wichtig im Schneesturm) und finden in den oft sumpfigem Gebiet gute Wege. (Auch für WanderInnen empfiehlt es sich, in den isländischen Fjells den Schafspfaden zu folgen, um die Füsse möglichst trocken zu behalten).

Weitere Infos gibt es in dem Büchlein von Karolina: Islandschaf – Wollmilchsau

Interessant ist aber für uns Spinnerinnen natürlich die Wolle. Das fängt bei den Farben an und hört bei der Beschaffenheit auf.

Auch in Island wurde durch die Wollindustrie das Züchten der weissen Schafe begünstigt (ca. 85% der Schafe sind weiss), aber eigentlich ist weiss gar keine Grundfarbe, sondern ein Muster. Islandschafe sind entweder schwarz oder braun (morautt) in der Grundfarbe, alles andere sind Muster.  Und deren gibt es nicht wenige, manche mit schön klingenden Namen wie golsott (gold) führt. Grau z. B. besteht aus weisser Unterwolle und schwarzem Deckhaar.

Viele verschiedene Locken in verschiedenen Farben.

Damit sind wir bei der 2. Besonderheit: Die Wollarten. Wie gewisse andere alte Schafrassen hat das Islandschaf zwei unterschiedliche Wollarten: ein langes Deckhaar zum Schutz gegen die Witterung (tog) und feinere, kürzere Unterwolle zum Schutz gegen die Kälte (þel). Stichelhaare kommen sehr selten vor, die waren nicht erwünscht. Traditionell wurden früher diese zwei Wollarten separat verarbeitet, aus dem gröberen Deckhaar wurde Aussenbekleidung (Mäntel, Jacken etc.) hergestellt und aus dem feineren Unterwolle Kleiderstoff und Unterwäsche!. Bei der maschinellen Wollverarbeitung heute wird beides zusammen verwendet, was dazu führt, das Islandwolle nicht gerade als sehr weich angesehen wird. Das v. a. weil es bis heute maschinell nur sehr schwer möglich ist, diese Wollarten zu trennen. (Es gibt ein Projekt für eine Minimill, die dem Abhelfen will, so dass es hoffentlich auch für Nichtspinnerinnen möglich sein wird, weiches Islandgarn aus Unterwolle zu bekommen.)

Aber wir waren ja alles Handspinnerinnen und darum haben wir uns (nach einem interessantem, isländischen Lunch) daran gemacht, verschiedenste Islandvliese, die Karolina aus Island mitgebracht hat, zu untersuchen und v. a. Deckhaar und Unterwolle zu trennen!

Ein Haufen Rohwolle (6 Vliese), die nun von uns beurteilt und angeschaut werden.

Karolina verarbeitet die Wolle ungewaschen. Wahrscheinlich aus Effizienzgründen spinnt sie Einzelfäden, die sie dann (je nach Wolle und Bedarf) zu Handschuhen (mit strapazierfähigen Spitzen), Mützen oder Pullovern verarbeitet.

Handschuhe aus Islandwolle
deutlich sichtbar, die Spitze und Daumen aus dem strapazierfähigerem Deckhaar.

Auch wenn ich sehr gerne Rohwolle in der Hand habe (ich mag auch den Geruch, auch wenn am Abend des Workshops die ganze Familie beschlossen hat, ich müsse jetzt sofort unter die Dusche), mag ich lieber gewaschene Wolle verarbeiten. Erstens kommt m. E. beim Waschen des Garns längst nicht aller Dreck raus und ausserdem ist meine Erfahrung ist, dass sich gewaschene Wolle wesentlich feiner verarbeiten lässt. Also habe ich das nach dem Kurs gleich getestet. Und siehe da, die Unterwolle wurde wirklich ein Traum – das werde ich mit dem Rest der Wolle, die wir nach Hause nehmen durften, auch so machen.

Vielen Dank an Karolina und dem Fachverband für diesen spannenden Tag.

Verschiedene Vliese, jeweils getrennt in Unterwolle und Deckhaar. Von li oben: Schwarz, Grau, Grau, Golsott, Weiss, Braun

 

 

 

 


Kommentare

One response to “Workshop Islandwolle”

  1. Schön, dass es Dir so gut gefallen hat. Mir hat es auch viel Spaß gemacht, die Gespräche mit den Teilnehmerinnen waren wieder sehr spannend, speziell Dein “norwegischer” Hintergrund ist natürlich äußerst interessant! Gruß aus Island!